Ayurveda Kur in Sri Lanka
Vietnam/Mui Ne 12.5.2013
Bei einem Hotelaufenthalt während der Rundreise habe ich zwei deutsche Frauen getroffen, die mir von einem Ayurveda Resort an der Südwestküste Sri Lankas erzählt haben. Eigentlich hatte ich keine wirkliche Vorstellung, worum es bei Ayurveda geht, sondern nur eine bruchstückhafte Ahnung. Doch die beiden schilderten die Kur und auch die Anlage insgesamt positiv, sodass ich nach ein paar Tagen beschloss, dort einmal vorbeizuschauen. Sollte mir die Unterbringung und der Garten nicht zusagen, könnte ich ja immer noch weiterziehen. Im Internet präsentierte sich das Resort natürlich im besten Licht, vor allem die Bilder des tropischen Gartens wirkten wunderschön.
Im Resort angekommen bestätigte sich im Wesentlichen die Beschreibung der Damen, die Zimmer waren einfach, der Garten sehr schön und von den Behandlungen gab es nur das Beste zu berichten. Nach kurzem Check buchte ich schließlich vorerst einmal für eine Woche. Das war wieder ein Beispiel, dass sich die passenden Dinge des Lebens oft intuitiv ohne jede Verstandesplanung ergeben. Hätte man mich vorher gefragt, wäre ich sicher nicht auf die Idee gekommen, so eine Kur zu machen. Der Begriff „Ayurveda“ kommt aus dem Sanskrit und heißt Wissen vom Leben, wobei „Ayur“ das Leben und „Veda“ das Wissen oder die Wissenschaft bedeutet. Es handelt sich um eine vollkommene traditionelle indische Heilkunst, die bis heute viele Anwender in Indien, Nepal und Sri Lanka hat. Ayurveda lehrt die Lebensgrundsätze, um das Wohlbefinden zu steigern und zu einem gesunden, glücklichen und friedvollem Leben auf allen Ebenen zu gelangen. Vorbeugen ist immer besser als Behandlung. Laut Ayurveda ist alles, was in dieser Welt existiert, eine Kombination der fünf Elemente Erde, Wasser, Feuer, Luft und Äther. Auch der menschliche Körper setzt sich in verschiedener Weise aus den fünf Elementen zusammen. Somit ist jede Zelle des Körpers mit allen Eigenschaften des Lebens ausgestattet. Der einzige Unterschied zwischen dem Menschen und seiner äußeren Umgebung liegt im Ausdruck, der Bewusstsein, Lebensfunke, Geist oder Seele bedeutet. Die fünf Elemente manifestieren sich in unserem Körper als die Tridoshas, wie sie im Sanskrit heißen. Darunter sind die drei Grundprinzipien, Grundenergien, Temperamente oder Lebensenergien zu verstehen, die sogenannten Doshas: • Vata (Wind, Luft und Äther, Pneuma), das Bewegungsprinzip • Pitta (Feuer und Wasser, Chole), das Feuer- bzw. Stoffwechselprinzip • Kapha (Erde und Wasser, Phlegma), das Strukturprinzip Dosha bedeutet wörtlich übersetzt „(den Körper) beeinflussende Faktoren“. Diese kommen nach ayurvedischer Vorstellung in jedem Organismus vor. Dabei dominieren meist ein oder zwei Doshas, seltener sind alle drei gleich stark. In einem gesunden Organismus sollten sich diese „Energien“ oder „Temperamente“ in einem harmonischen Gleichgewicht befinden. Es ist für den Arzt wichtig zu wissen, welche Doshas bei einem Menschen vorherrschen, weil jeder Typ andere Medikamente und Behandlungen benötigt. Die Dosha-Ungleichgewichte werden durch drei Diagnose-Methoden bestimmt. 1. Der Arzt beobachtet die physischen Signale und Symptome des Patienten z.B. Farbe der Haut, der Haare, der Augen, das Verhalten, den Körperzustand. 2. Dem Patienten werden genaue Fragen in Bezug auf sein Dosha-Ungleichgewicht gestellt. 3. Berührung des Patienten, dazu gehören die Pulsdiagnose, das Abhören und Abklopfen. Die Pulsdiagnose ist ein sehr wichtiges Instrument für die Diagnose. Der Arzt fühlt den Puls am Handgelenk und mit seiner Erfahrung erhält er ein klares Bild der inneren Verfassung des Patienten. Um das Gleichgewicht der Doshas wiederherzustellen werden bestimmte Reinigungs- und Entgiftungsverfahren angewandt. Die grundlegende Reinigungsbehandlung des Ayurveda nennt sich Panchakarma und gliedert sich wieder in fünf weitere Therapien auf. Eine Panchakarma-Kur ist somit ein Ausgleichsverfahren und beinhaltet tägliche Massagen, Fasten, Diäten, Bäder, Abführtherapie, Einläufe, Erbrechen, Nasenreinigung, Aderlass (Blutreinigungstherapie), Yoga- und Atemübungen und den Einsatz zahlreicher ayurvedischer Arzneimittel, sowie auch Packungen aus Pasten, Salben und Ölen, die auf erkrankte Körperteile aufgetragen werden. Die Ausbildung der Ayurveda-Ärzte in Indien und Sri Lanka ist sehr langwierig und dauert inklusive Praktikum fünfeinhalb Jahre. Wenn man also so wie ich mehr oder weniger ahnungslos zu einem Ayurveda-Zentrum gelangt, kann es schon passieren, dass man ein paar ordentliche Überraschungen erlebt. Während die täglichen Massagen sehr angenehm sind, ist die laufende Medizineinnahme vor bzw. nach den Mahlzeiten schon eine teilweise eher weniger feine Angelegenheit. Die flüssigen, pastenartigen und pulverisierten Arzneimittel schmeckten teils so grauenhaft, dass man eine richtige Abwehr entwickelt. Ich habe mein Programm dennoch mutig in Abstimmung mit meiner süßen kleinen Jungärztin durchgezogen. Im Kurhaus gab es auch keine Bar, keinen Alkohol, keine kohlensäurehaltigen Getränke und keinen Rauch. Getrunken wird während des gesamten Kuraufenthalts heißes Wasser, Teekräutergetränke und Mineralwasser. Die Ayurveda-Menüs werden voll biologisch zubereitet und stehen dreimal täglich zur Verfügung. Interessanterweise habe ich anfangs dennoch ungewollt gleich einmal drei Kilo abgenommen. Dies aber insbesondere durch die „Reinigungstherapie“, die jeder „Patient“ am dritten Tag durchmacht. Dabei bekommt man ein paar kleine Kügelchen und ein fürchterliches Pulver zum Einnehmen am Abend und soll dann schlafen gehen. Drei bis vier Stunden später, geht es dann los. Obwohl schon ein wenig eingestimmt von den erfahrenen Patienten, hat es mich hart getroffen, wobei der Durchfall noch das geringste Übel war. Mir wurde vollkommen schwindelig, ich konnte mich nicht mehr auf den Füßen halten und fiel schließlich mitten in der Nacht von der WC-Muschel in eine kurze Ohnmacht. So etwas habe ich noch niemals vorher erlebt. Eine gefühlte halbe Stunde später fand ich mich benommen im Badezimmer liegend wieder. Vielleicht waren es auch nur zehn Minuten, es fehlte jede Erinnerung. Mir fielen gleich die Hollywood-Thriller mit Ko-Tropfen ein. Was machte ich hier am Boden? Es dauerte nochmals eine halbe Stunde bis ich es schaffte, wieder aufzustehen. Die Ärztin hatte mir zwar gesagt, ich könne sie holen, wenn es mir schlecht ginge, aber ich konnte nicht einmal aufstehen, geschweige die Stufen hinunter zu ihr gehen. Irgendwie brachte ich dann auch diese Nacht hinter mich und schleppte mich in der Früh noch immer sehr benommen zum Frühstück. Alle wussten gleich worum es ging, es war keine Überraschung. Der einzig Überraschte blieb ich selber, denn man tat nichts dergleichen, obwohl ich mich kaum am Tisch halten konnte. Schließlich bekam ich von der Ärztin einen „Energiedrink“ (kein Red Bull natürlich!), ein paar Medikamente und eine spezielle Reissuppe. Erst am Abend hatte ich mich wieder gefangen. Nicht allen erging es so, aber die Abführmittel hatten bei mir besonders stark gewirkt. Das war für mich das tiefgreifendste Erlebnis während der gesamten Kur, die restliche Zeit verlief erholsam, obwohl der Strand in Wadduwa nicht sehr schön und ein wenig gefährlich wegen der Strömungen war. Schließlich verlängerte ich noch auf eine zweite Woche, damit die Kur auch ihre Wirkung entfalten konnte. Während der zweiten Woche lernte ich auch, dass hier nicht alle Verfahren angewandt wurden. So wurden mir beispielsweise keine Blutegel angesetzt und auch das bewusst herbeigeführte Erbrechen, das ich aber ohnehin verweigert hätte, fand nicht statt. Von anderen, die schon in Indien Kuren gemacht hatten, erfuhr ich, dass dort teils sehr hardcore-mäßig behandelt werden würde. Das wäre nichts für mich gewesen. Auch dauert eine „richtige“ Kur normalerweise noch länger, nämlich drei bis vier Wochen. Ich lernte dann später auch noch den Besitzer kennen, einen Singhalesen, der auch in der Schweiz einen Wohnsitz hatte. Er lud mich in sein zweites Haus nach Moratuwa ins Aqua Pearl Lake Resort ein, das ca. eine halbe Stunde entfernt an einem wunderschönen See lag. Ein herrlicher Platz zum Entspannen mit einer großartigen Gartenanlage. In der Freizeit, die es während der Kur natürlich auch gab, führte ich viele interessante Gespräche mit deutschen und schweizer Gästen und auch mit dem Management, das mich offenbar sehr sympathisch fand. Obligatorisch war auch der Besuch der buddhistischen Dorftempelanlage. Im schönen Garten des Ayurveda-Resorts standen zahlreiche hohe Palmen, die in der Krone mit starken Seilen verbunden waren. Dort hoch oben konnte man die Toddy-Pflücker beobachten, wie sie wie die Affen von Palme zu Palme wanderten, um das Palmenkokosnuss-Extrakt für die Gewinnung von Palmschnaps einzusammeln. Eine nicht ungefährliche Angelegenheit, die viel Erfahrung verlangte, waren sie doch ungesichert unterwegs. Schließlich ging auch meine Zeit im Ayurveda-Resort zu Ende und ich engagierte erneut die beiden Brüder aus Hikkaduwa, mit denen ich schon bei der Rundreise unterwegs war. Sie holten mich wieder im strahlend geputzten Toyota- Kleinbus ab und ich war froh, vertraute Gesichter zu sehen. Jetzt war es an der Zeit, ein Stück in den Süden zu fahren und nach den einfachen Verhältnissen im Ayurveda-Resort wieder ein schönes Hotel mit feinem Strand zu finden. Das sollte hier ca. 60 km südlich von Colombo ohnehin nicht schwer werden, denn mit Beruwala und Bentota liegen in diesem langen Band von Palmen und Strand Sri Lankas berühmteste Badeorte. Zunächst ging es jedoch einmal nach Kalutara etwa 30 km nördlich von Bentota gelegen. Hier ragt aus dem Ortsbild der Stadt eine Dagoba heraus, die Teil einer größeren buddhistischen Tempelanlage ist. Gewohnt routiniert sprang ich nach Anweisung meines Guides Kalum schnell aus dem Wagen, während sein Bruder sich im dichten Verkehr um einen Parkplatz kümmerte. Nach weniger als einer Stunde hatte ich meine Fotos im Kasten und war um eine weitere Erfahrung reicher geworden. Diese Tempeln boten immer wieder eine faszinierende Architektur und schöne Metaphern aus dem Leben des Religionsstifters. Mir hat auch gefallen, dass die Dinge nicht ganz so zwanghaft sind, wie bei manch anderen Religionen. Weiter ging es nach Beruwala zum Fischerhafen, der sehr schön anzusehen wäre, aber leider total verdreckt ist. Eine Schande für Sri Lanka! Vom Hafen schon auszumachen ist die auf einer Halbinsel gegenüberliegende Kachchimalai-Moschee, das älteste islamische Gotteshaus auf Sri Lanka. Die Zufahrt auf einer engen belebten Straße war mühsam und der schöne Bus mit mir als Tourist fiel natürlich auf. Beim Aussteigen war ich sofort umringt von diversen Händlern und Verkäufern. Zwei deutschsprechende Buddhisten boten sich sofort als Führer für die Moschee an, es war eine interessante Kooperation zwischen den Religionen. Man drängte mich mehr oder weniger in die Moschee, aber einmal wollte ich mir so eine Anlage ohnehin anschauen. Es war klar, dass ich ständig an meinen Obulus und an den Beitrag für die Moschee erinnert wurde, leben und leben lassen, nannte der gewiefte Führer das. Hier herrschte einfach enormer Druck, ich konnte das förmlich spüren, ganz anders als bei einem Buddha- oder auch Hindutempel. Schuhe ausziehen und Umhang waren obligatorisch und man wurde genau gemustert. Die Leute hier waren sehr klein, ich kam mir vor wie ein Riese. Massen von Gläubigen bereiteten für den nächsten Tag ein großes Essen für ein Fest vor, überall standen riesige Schüsseln und Behältnisse mit allerlei Nahrungsmittel, brannten Feuerstellen oder wuschen eifrige Helfer tonnenweise Geschirr auf einfachste Weise. Nicht unbedingt das, was sich ein Europäer unter Hygiene vorstellt. Mir wurde Verschiedenes angeboten, aber ich hielt mich nobel zurück. Zudem war es drückend heiß, ich schätze mehr als 35 Grad. Auf kleinen Nebenplätzen oder auch angebunden mitten unter den Menschen standen Böcke und andere Tiere, deren Schicksal bereits auf eher grausame Weise für den kommenden Feiertag besiegelt war. Ehrlich gesagt war ich dann froh, als ich wieder zum Auto kam, es war nicht so ganz meine Welt. Schnell schob mich Kalum in den Wagen, während sich mir zahlreiche Hände zwecks Bakschisch nachstreckten. Ich gab eine vorbereitete Summe und schnell ging es weg von diesem druckbeladenen Ort, ein wahrer Segen. Nach einem kurzen Besuch auf einem kleinen eher schmuddeligen Fischmarkt in Beruwala, ging es zu einem persönlichen Highlight, der Bentota Fluss-Safari. Der Bentota-Fluss mündet hier zwischen Alutgama und Bentota breit und schlammig ins Meer. Und obwohl er an seiner Mündung relativ breit ist und auch mehrere Flussarme aufweist, beträgt seine Gesamtlänge jedoch nur knapp mehr als siebzig Kilometer. Eine etwa dreistündige Bootstour vermittelte einen Hauch von Urwaldromantik und war zudem sehr entspannend bei den heißen Temperaturen. Wie mir an diesem Tag nun auch schon das zweite Mal auffiel, werden trotz der extremen Temperaturen in Sri Lanka auch Sportarten, die man nicht unbedingt erwartet, ausgeübt. Zuerst begegneten uns während der Anfahrt mehrere Kleingruppen von Radrennfahrern, die von einer Vorhut und einer Motorradtruppe durch den dichten Verkehr geschleust wurden. Mir blieb unklar, wie das funktionieren konnte, ohne ab und zu das doch sehr hohe Tempo der Sportler drosseln zu müssen. Und nun hier neben dem Fluss passierten Marathon-Läufer bloßfüßig die Straße. Sie wurden heftig angefeuert und alle zehn Minuten mit Wasser übergossen. Besonders viele Tiere bekamen wir bei der Safari zwar nicht zu Gesicht, aber zweimal zeigten sich kleine Krokodile in der Deckung der Uferwälder oder auch kleine Schlangen und Vögel. Das Anziehende für mich war aber ohnehin die prächtige Flusslandschaft. Noch angetan von der Bootstour stieg ich in den Wagen, denn nun hieß es, das von mir festgelegte gute bis sehr gute Hotel zu finden, denn von Einfachheit hatte ich vorläufig einmal genug. Vorbereitet auf eine längere Suche stoppte mein Fahrer keine fünf Minuten später vor einer langen weißen Mauer mit schönem Eingangsportal und dem Schriftzug „Avani Bentota Resort & Spa“. Überrascht stieg ich aus und wusste, was mich nun erwartete: zähe Verhandlungen, um von einem Fantasiepreis, den hier alle einmal probieren, auf einen annehmbaren Nenner zu kommen. Der bessere Weg wäre gewesen, über das Internet vor zu buchen, aber da ich nicht genau wusste, wo ich hin wollte, war mir dieser Weg versperrt geblieben. Die Anlage war traumhaft und genau was ich suchte, der Preis abenteuerlich. Nach längerem zähen Gerangel und auch unter meiner Drohung, sofort weiter zu fahren, ließ sich ein Kompromiss finden. Es ist unglaublich für mich, mit welcher Kaltschnäuzigkeit man hier Preise verlangt, die jenseits von Gut und Böse liegen, und wo ein durchschnittlicher Sri Lanker schon einen Monat nur für eine Nacht arbeiten müsste! Bei einer von Europa aus gebuchten Pauschalreise liegen die Werte ganz klar unter diesen Willkürpreisen, da die großen Veranstalter alle über Kontingente verfügen und angemessene Preise verhandelt haben. Die Anlage und auch der Küstenabschnitt mit dem Fluss-Delta waren aber so schön, dass der kurze Ärger bald verflogen war. Für einen reinen Erholungs- und Badeurlaub habe ich in ganz Sri Lanka in meinen sechs Wochen Aufenthalt nichts Schöneres entdeckt, einfach umwerfend. Hier blieb ich ganze acht Tage, bevor ich dann für den Schluss noch eine kleine Rundreise geplant hatte. Die Zeit in Bentota verging rasend schnell und danach verblieben noch zwei volle Tage. Mit meinen Guides vereinbarte ich nach einiger Diskussion, was in dieser knappen Zeit noch machbar war. Ich wollte noch in den Norden hinauf, aber aufgrund der langen Anfahrtszeiten war dies nicht mehr möglich. So fuhren wir nach Ella, einem kleinen Ort in mehr als 1000 m Höhe und nur ca. 60 km von Nuwara Eliya entfernt. Dazu mussten wir wieder in den Süden herum um den südöstlichen Bogen, vorbei an Hikkaduwa, wo alles begonnen hatte und Galle, ehe wir dann Richtung Norden abbogen. In Ella gibt es spektakuläre Aussichten über das südliche Bergland und gewaltige Wasserfälle. Das tolle Panorama und die vielen Budget-Unterkünfte ziehen vor allem Backpacker an. Dementsprechend einfach war auch meine Unterkunft, dafür aber so groß wie eine Wartehalle. Es war die letzte Übernachtung in Sri Lanka, denn die folgende Nacht verbrachte ich bereits im Flugzeug. Am nächsten Morgen erwartete mich das allerletzte Highlight, das ich mir ausgesucht hatte. Auf 1041 m Seehöhe liegt die romantische Bahnstation von Ella. Statt mit dem Auto legte ich nun ein großes Stück des Weges vorbei an herrlichen Bergpanoramen, Hochplateaus und Teeplantagen mit dem Zug zurück, während mein Fahrer mich an einem vereinbarten Ort wieder abholte. Es war wie eine Reise in ein vergangenes Jahrhundert, die lärmende Diesellok konnte die schwierige Bergroute teilweise nur sehr langsam bewältigen. Ständig gab sie akustische Signale ab, um die Menschen, die teils auch auf den Gleisen gingen, rechtzeitig zu warnen. Die Langsamkeit störte mich gar nicht, ganz im Gegenteil mir konnte es gar nicht lange genug dauern. Wir passierten eine ganze Reihe kleinerer Tunnels und erreichten schließlich den höchsten Punkt auf knapp 1900 m Seehöhe. Das war an Romantik kaum mehr zu überbieten, kein Wunder, dass ich nicht der einzige Europäer im Zug war. Ich begrüßte noch Schweizer und Franzosen. Nach mehr als zwei Stunden Fahrt stieg ich in Nanu-Oya auf 1600 m Höhe wieder aus und setzte die Reise mit dem Auto fort. Das war dann leider auch das Ende der Romantik, denn die Straßen hier waren bis nach Nuwara Eliya staubig und schlecht. Dort angekommen holte ich noch mein Frühstück in einem kleinen landestypischen Lokal nach, und dann rollten wir langsam talwärts Richtung Colombo-Flughafen. Die Stunden vergingen und in mir stieg beständig ein Gefühl von Traurigkeit auf, musste ich doch nun bald die mir über Wochen vertraut gewordenen Guides zurück lassen. Am Schluss ging dann alles sehr schnell, wir kamen am Airport an und sofort war mein Koffer ausgeladen. Es war auch für Kalum ein trauriger Moment, das merkte ich gleich, und so umarmten wir uns und winkten uns, so lange es ging, zu. So einen treuen und langbuchenden Kunden wie mich hatte er vorher noch nie gehabt, wobei er so manches Highlight auch selber zum ersten Mal zu Gesicht bekommen hatte. Ich war irgendwie von den vielen Eindrücken ergriffen und hatte jetzt am Flughafen ein paar Stunden Zeit, die Dinge nochmals Revue passieren zu lassen, bevor schon die nächsten Erlebnisse auf mich warteten. Wie schon mehrfach herausgestrichen, ist Sri Lanka eine wahre Trauminsel, auf der sich ein Besuch jedenfalls lohnt. Leider gibt es auch einige Schattenseiten, die einem die tollen landschaftlichen Eindrücke schon dann und wann ordentlich vermiesen können. Dazu gehören die teils katastrophalen Straßenverbindungen, die für einen Europäer völlig aus dem Lot gelaufene Art, Auto, Tuk-Tuk oder Motorbike zu fahren und die Unmenge an Fahrzeugen insbesondere in den Städten und auf den Küstenverbindungen. Der Linksverkehr hält einem dann endgültig davon ab, selber Auto zu fahren. Die Umweltverschmutzung ist weit voran geschritten, es gibt keinerlei Bewusstsein, hier entscheidend tätig zu werden. Zur Umweltverschmutzung zähle ich auch den ständigen Lärm durch Verkehr, hupende Fahrzeuge, regen Bahnverkehr entlang der Küste mit lauten nervenden Signalen Tag und Nacht, oft gleich hinter den Hotels. Und schließlich gibt es in Sri Lanka weit verbreitet eine gewisse „Geldbesessenheit“ gegenüber Touristen, aber wahrscheinlich auch ganz allgemein, es wird nichts aus Freundschaft oder Liebe getan, die Geldgier herrscht vor und das teilweise ungeniert. Ich habe in Sri Lanka mehrere tausend Euro gelassen und mit vielen Leuten darüber gesprochen, vielleicht keimt irgendwann einmal ein Samen, den ich ausgesät habe. Auch die teilweise Armut ist für mich keine hinreichende Erklärung, denn dieses Vorgehen ist ein rationales Kalkül und schadet auf Dauer mehr als es vielleicht einmal ungebührliche Einnahmen bringt. Das ist für mich der Punkt, der mich abhalten könnte, nochmals dorthin zu fahren. Ein üblicher Pauschaltourist, der sich im Schnitt zwei bis drei Wochen in Sri Lanka aufhält, bekommt das wahrscheinlich nur am Rande mit, wenn er am Strand belästigt wird oder irgendwann einmal beim Souvenirkauf über den Tisch gezogen wird. Doch nach sechs Wochen, von der nur eine Woche vorgebucht war, merkt man, wie die Uhr hier tickt. |